Sternchen, Gap und Co.: Welche Bedeutung haben die Gender-Zeichen?

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Wenn Unternehmen die Frage, ob sie in ihrer Kommunikation gendern wollen, mit einem Ja beantwortet haben, stellt sich direkt die nächste Frage: Wie wollen wir gendern? Welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Arten des Genderns haben, haben wir bereits hier auf dem Blog erklärt. Das Gendern mit Sonderzeichen gehört ganz klar zu den häufigsten. Das typografische Zeichen nimmt dabei eine Stellvertreterfunktion ein und macht die Geschlechtervielfalt jenseits des Binären sichtbar.

Doch welches Sonderzeichen sollte man nutzen: das Sternchen, den Doppelpunkt oder gar den Unterstrich, den Gender-Gap? Viele entscheiden das nach Gefühl – „der Doppelpunkt ist so schön unauffällig“ hört man zum Beispiel häufig. Doch besonders im Unternehmenskontext sollte man auch hier eine informierte Entscheidung treffen. Und die verschiedenen Gender-Zeichen haben unterschiedliche Entstehungsgeschichten und Bedeutungen, die wir im Folgenden kurz erklären.

Der Gender-Stern

Die Zacken des Sterns sollen die vielfältigen Geschlechtsidentitäten repräsentieren. Der Stern ist der Computersprache entlehnt, wo er als Platzhalter für eine beliebige Zeichenkette dient. Seinen Ursprung hat der Gender-Stern in der LGBTIQ+-Community, wo er bereits in den 1990er Jahren im Kontext der Schreibweise „trans*“ verwendet wurde (hier als Sammelbegriff für alle Personen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesenen wurde). Im Deutschen tauchte der Gender-Stern 2009 erstmals auf: im „Leitfaden zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch“ von Beatrice Fischer und Michaela Wolf vom Zentrum für Translationswissenschaft an der Uni Wien, die ihn als Alternative zum Gender-Gap ins Spiel bringen.

Der Gender-Gap

Der Gender-Gap, umgesetzt mit einem Unterstrich, geht auf den Essay „Performing the Gap – Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung“ von Steffen Kitty Herrmann zurück, erschienen 2003 im Magazin arranca!. Dort heißt es:

„Zwischen die Grenzen einer rigiden Geschlechterordnung gesetzt, ist er die Verräumlichung des Unsichtbaren […]. Mit dieser Sichtbarmachung wird die Achse des zweigeschlechtlichen Imaginären auf jenen Punkt hin dezentriert, der ihr das sichere Gefühl der Normalität versagt: auf den Ort abweichender, perverser Geschlechtlichkeit. Transgender-People und Gender-Outlaws stellen jene „Abweichungen“ von Geschlecht dar […].“

Die Lücke auf dem Papier soll symbolischen Raum schaffen für all diejenigen, deren Geschlechtsidentität jenseits des Binären liegt. Kritiker des Gender-Gap merken an, dass der Unterstrich so wirke, als wäre die weibliche Form „ein Anhängsel“ der männlichen.

Gendern mit Doppelpunkt

Jünger als der Gender-Stern oder -Gap ist das Gendern mit Doppelpunkt. Diese Art des Genderns hat sich in den vergangenen fünf Jahren rasch etabliert und weit verbreitet.  Populär gemacht wurde er jedoch nicht durch Sprachwissenschaftler:innen oder -philosoph:innen, sondern durch seine populärkulturelle Verwendung: 2015 haben die Organisator:innen des Fusion Festivals nach „Gewinner:innen“ gesucht. Die beiden Punkte des Zeichens werden als die beiden binären Geschlechter (männlich/weiblich) interpretiert, der Raum dazwischen soll (analog zum Gender-Gap) Raum für weitere Geschlechtsidentitäten lassen. Kritiker verurteilen jedoch den Fokus auf das Binäre. Befürworter schätzen den Doppelpunkt wegen seiner Unauffälligkeit, weil er den Lesefluss nicht so sehr unterbreche wie der Gender-Stern (so z. B. auch Linguist Karsten Rinas in einem Interview mit Deutschlandfunk).

Exkurs: Geschlechtergerechte Sprache für alle

Gut zu wissen: Weil Sprache nicht nur genderinklusiv, sondern für alle inklusiv sein sollte, wird oftmals diskutiert, welches Sonderzeichen sich am besten für blinde und sehbehinderte Personen eignet, die auf Screenreader angewiesen sind. Oftmals wird hier der Doppelpunkt genannt, da er ein Interpunktionszeichen ist, und kein Sonderzeichen (wie der Gender-Stern oder -Gap). Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. widerspricht dem jedoch: Screenreader behandeln auch den Doppelpunkt unterschiedlich, weswegen der Verein das Gendern mit Sonderzeichen grundsätzlich nicht empfiehlt. Stattdessen solle am besten auf neutrale Formulierungen zurückgegriffen werden.

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